Ampel aus, Geldhahn zu? Was die vorläufige Haushaltsführung für die Finanzierung des Startchancen-Programms bedeutet

Ampel aus, Geldhahn zu? Was die vorläufige Haushaltsführung für die Finanzierung des Startchancen-Programms bedeutet

Wegen des Auseinanderbrechens der Ampel-Regierung am 6. November 2024 wird der Bundeshaushalt 2025 voraussichtlich erst in einigen Monaten beschlossen werden. Damit stellt sich die Frage nach möglichen Auswirkungen auf die Finanzierung des Startchancen-Programms, das Bund und Länder gemeinsam tragen. Zur Finanzierung des Investitionsprogramms, das die erste Säule des Startchancen-Programms bildet, gewährt der Bund den Ländern seit dem 1. August 2024 Finanzhilfen nach Art. 104c GG in Höhe von bis zu 4 Milliarden Euro für eine hochwertige Ausstattung und moderne Infrastruktur an den Startchancen-Schulen.

Die Kosten, die den Ländern durch die zweite (Chancenbudgets) und die dritte Säule (Personal) des Startchancen-Programms entstehen, werden anteilig dadurch ausgeglichen, dass der Umsatzsteueranteil der Länder 2024 um 300 Millionen Euro und ab 2025 um jeweils 600 Millionen Euro erhöht wird (§ 1 Abs. 2 Finanzausgleichsgesetz).

Die Änderung der Verteilung des Umsatzsteueraufkommens erfolgt auf der Einnahmenseite und damit völlig unabhängig von den Vorgaben des Bundeshaushalts. Die vorläufige Haushaltsführung hat auf diese Steuerverteilung keinen Einfluss. Damit ist klar: Für die Finanzierung der zweiten und dritten Säule des Startchancen-Programms hat eine vorläufige Haushaltsführung keinerlei Bedeutung.

Bangen um Säule I? Warum die Finanzhilfen trotz Haushaltschaos rechtlich abgesichert sind

Dagegen werden die Finanzhilfen nach Art. 104c GG aus dem Bundeshaushalt bedient. Insoweit stellt sich die Frage, ob die späte Verabschiedung des Bundeshaushalts 2025 Einfluss auf die Finanzierung des Investitionsprogramms hat. Die Antwort findet ihre Grundlage in Art. 111 GG, der eine Ermächtigung der Bundesregierung zur Leistung von Ausgaben für den Fall enthält, dass bis zum Schluss eines Rechnungsjahres der Haushaltsplan für das folgende Jahr nicht festgestellt ist. Diese Voraussetzung ist vom 1. Januar 2025 an erfüllt.

Art. 111 Absatz 1 Buchstabe b GG ermächtigt die Bundesregierung zur Leistung der Ausgaben, die nötig sind, um die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes zu erfüllen. Eine solche rechtliche Verpflichtung des Bundes ergibt sich aus der „Verwaltungsvereinbarung über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Art. 104c des Grundgesetzes zur Umsetzung der Säule I des Startchancen-Programms (Investitionsprogramm Startchancen)“ nicht.

Über den Autor

Prof. Dr. Joachim Wieland forscht und lehrt zu Rechtsfragen des Verfassungs- und Verwaltungsrechts, zum Finanz- und Steuerrecht und zum öffentlichen Wirtschaftsrecht. Er ist Mitglied des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen. Er hat zwei Bundespräsidenten, den Bundestag sowie Fraktionen, die Bundesregierung, Bundesministerinnen und Bundesminister sowie Landesregierungen, Rundfunkanstalten und Unternehmen vor dem Bundesverfassungsgericht und Landesregierungen sowie Kommunen vor dem Bundesverwaltungsgericht und Landesverfassungsgerichten vertreten.

Zwar ist die Verwaltungsvereinbarung ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen dem Bund auf der einen und den Ländern auf der anderen Seite. Jedoch tritt sie an die Stelle eines Gesetzes, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, und wird aufgrund des Bundeshaushaltsgesetzes geschlossen (Art. 104c Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104b Abs. 2 Satz 1 GG).

Dementsprechend ist die konkrete Verwaltungsvereinbarung vorbehaltlich der Bereitstellung entsprechender Mittel durch die Haushaltsgesetzgeber geschlossen worden (§ 15 Abs. 2 Verwaltungsvereinbarung). Der Haushaltsgesetzgeber hat aber für 2025 noch keine Mittel bereitgestellt. Folglich ist der Bund aus der Verwaltungsvereinbarung heraus noch nicht zur Gewährung der Finanzhilfen verpflichtet und nicht nach Art. 111 Abs. 1 Buchst. b GG berechtigt.

Auf der Grundlage des Haushaltsplans 2024 sind vom Haushaltsgesetzgeber bereits Beträge für Investitionen im Rahmen der ersten Säule des Startchancen-Programms bewilligt worden.

Art. 111 Abs. 1 Buchst. c GG ermächtigt die Bundesregierung aber auch dazu, bis zum Inkrafttreten des Haushaltsplans 2025 alle Ausgaben zu leisten, die nötig sind, um Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen oder Beihilfen für diese Zwecke zu gewähren, sofern durch den Haushaltsplan eines Vorjahres bereits Beträge bewilligt worden sind – und diese Voraussetzung ist erfüllt.

Denn auf der Grundlage des Haushaltsplans 2024 sind vom Haushaltsgesetzgeber bereits Beträge für Investitionen im Rahmen der ersten Säule des Startchancen-Programms bewilligt worden. Folglich ist die Bundesregierung verfassungsrechtlich ermächtigt und sogar vertraglich verpflichtet, auch 2025 Beihilfen an die Länder für die weitere Finanzierung der Investitionen gemäß der Förderziele der ersten Säule des Startchancen-Programms zu tätigen.

Beihilfen im Sinne der Verfassungsvorschrift sind Zuweisungen an Stellen außerhalb der Bundesverwaltung. Dazu gehören die Finanzhilfen, die auf der Grundlage der Verwaltungsvereinbarung für die Finanzierung der nach Säule I vorgesehenen Investitionen an die Länder geleistet werden. Die Mitfinanzierung der ersten Säule des Startchancen-Programms durch den Bund ist dementsprechend unmittelbar durch Art. 111 Abs. 1 Buchst. c GG gesichert, bis das Haushaltsgesetz und der Haushaltsplan 2025 vom Parlament beschlossen worden sind. 

Kurzum: Wer nach dem Ende der Ampel-Regierung um die Finanzierung des Startchancen-Programms bangt, kann durchatmen: Die Bundesmittel werden auch im kommenden Jahr weiter fließen können.

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